Dienstag, 8. März 2011

Das ist nicht das Gleiche

Es ist eine für mich interessante Erfahrung, wie auf meine 'Hochzeit' reagiert wird. Die meisten lachen, und akzeptieren es als witzige Idee; ist aber irgendwie auch ein bisschen verrückt, oder? Eine normale Frau macht doch nicht solche Späße mit dieser gesellschaftlich wichtigen Angelegenheit. Nicht?

Für ebenso verrückt hat mich 2002 wohl die Mehrheit gehalten, als ich mich aus dem Karrierezug zurückzog, aus einem sicheren Job mit anerkanntem Status, um dann, nur mit Visitenkarten legitimiert, den aus gesellschaftlicher Sicht unrespektablen Job 'Hausfrau und Single Mutter' auszuüben.

Also, erst schmeißt sie alles von Wert hin, um sich als alleinstehende Hausfrau und Mutter zu degradieren, und jetzt heiratet sie nichtmal einen Mann, sondern ihr Haus?

Das scheint bei erstaunlich vielen ein mir unklares Gefühl zu erzeugen. Aus Unverständnis? Desinteresse? Abwertung? Neid? Schlichtem Befremden? Oder gar passiver Missgunst? Jedenfalls drückt es sich darin aus, dass nur ausgewählt wenige Menschen meine Entscheidung, nämlich diese Geschichte so zu definieren, wie ich das gerade tue, ernstzunehmen scheinen.

Zu einer Ehe gehört ein Ehemann. Da hört der Spaß doch auf. Da tut sie verheiratet und hat nichtmal den Mann dazu, den andere noch nach Jahren hinnehmen müssen für die Ehe... Ist es das? Ist es nicht das Privileg der Frauen, die es geschafft haben, eine stabile Beziehung hinzukriegen, sich verheiratet nennen zu dürfen? Alle scheinen danach zu streben. Wenn man den Menschen und Medien glaubt. "Eine Beziehung ist doch wichtig. Der Mensch ist nicht dafür gemacht, ohne Beziehung zu leben. Man spiegelt sich ja in dem anderen und entwickelt sich so weiter" sagte gerade heute noch ein Freund zu mir.

Ist das so? Wenn ich es nun genau betrachte, scheint mir die Zeit, in der ich jetzt ohne Beziehung bin, die lehrreichste, hilfreichste und glücklichste gewesen zu sein bisher. Zweieinhalb Jahre ohne Mann, ohne Sex; wie eine Nonne. Seitdem habe ich die fixe Idee aufgegeben, dass man in einer Beziehung besser lebt als ohne. Ich behaupte sogar, dass das Gegenteil der Fall sein kann.
Wie würde man eigentlich sich selbst finden, wenn man sich andauernd im Anderen spiegelt? Wie könnte die Spiegelung der Wahrheit überhaupt näher sein, als das Erleben des eigenen Kerns von innen heraus? Wie könnte das Abbild, das ich mir über mich selbst auf der Projektionsfläche eines anderen schaffe, näher an der Wahrheit liegen, als die Projektion meines eigenen Kerns in mir selbst?

Es erscheint mir nach heutiger Sicht doch eher fadenscheinig, dass ich dazu nur in der Lage bin, wenn ich mich an einen Menschen binde, an den Einen. Und das sage ich als großer Fan der Monogamie. Vielmehr glaube ich, dass es das Zusammenspiel allen Wiederscheins von anderen Menschen und Begebenheiten im Allgemeinen ist, was erhellendes Licht auf mein Innerstes wirft. Bestimmt aber nicht das, was die meisten Menschen als Ehe im herkömmlichen Sinne erleben. Ich glaube eher, die meisten Menschen wollen sich, statt sich in sich selbst zu spiegeln, lieber in der Projektion eines anderen sehen, bzw. verlieren. Vielleicht weil sie den eigenen Kern gar nicht ertragen würden, verschieben sie ihn auf 'die' andere Person, die sie gleichzeitig so schön von sich selbst ablenken kann.

Oder vielleicht habe ich einfach keine Lust mehr darauf, Bindungen mit der Hoffnung einzugehen, dass ich mit ihnen reicher bin als ohne sie? Verliebtheit hin oder her. Gerade weil irgendwann Alltäglichkeiten den Lack zum Abblättern bringen. Vielleicht ist mir meine Lebenszeit heutzutage kostbarer als damals, als ich dem Ideal der großen Liebe zu einem Mann folgte, mit dem Bewusstsein, dass ich mit einer Beziehung alles sein kann, und ohne eben nichts. Egal wie dürftig am Ende die Beziehung wäre. Sex hin, Sex her.

Es ist mir ernst mit meiner Entscheidung, und es trifft mich unerwarteterweise mehr, als ich vermutet hätte, dass selbst mir nahe stehende Menschen das als Witz abtun und völlig ignorieren. Es gab bisher genau drei Antworten auf die Hochzeits-email. Wenn ich meine Hochzeit mit einem beliebigen Mann verkündet hätte, wäre der Reaktions-Rücklauf sicher größer gewesen.

Aber hier erzählt ein 'verdrehter' Single eine abstruse Geschichte? Das ist nichtmal eine Antwort wert?

Nun, die anderen spiegeln da ein besonderes Desinteresse an meinem Interesse. Ich denke mal drüber nach, was ich daraus für mich selbst folgern darf. Und warum ich mich deswegen traurig fühle. Und dann atme ich noch ein wenig darüber, dass es schön ist, dass es wenigstens die paar Menschen gibt, die meine Entscheidung, Spaß hin, Spaß her, ernst genug nehmen allein aus dem Grund, weil es mir wohl wichtig erscheint.

In diesem Licht kann es mir dann an der Mitte vorbeigehen, dass Teile meiner Familie und sogar enge Freunde meine 'Heirats'email völlig ignorieren. Ganz frei von Enttäuschung bin ich noch nicht, merke ich, und bevor ich anfange, es persönlich zu nehmen, atme ich lieber noch ein bisschen. Einatmend weiß ich, dass ich einatme. Ausatmend weiß ich, dass ich ausatme.

Und dazu lächle ich. Und schon fühl ich mich wohler. : )

P.S. Eben bekomme ich eine weitere emailAntwort, und erfahre, dass man in L.A. einen Stein heiraten kann... das erfreut mich vor allem deshalb, weil ich merke, dass es noch weitere Menschen gibt, die in die Richtung denken. Bernd freut sich in der mail auch darüber, dass ich es mal wieder übertreibe, weil ich gleich ein ganzes Haus heirate.
Er weiß aber auch, dass Kleckern noch nie meine Art war ; )
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Nachtrag: Wie Ihr schon an der Liste oben sehen könnt, hat sich das Ganze ja sehr schön aufgelöst. Familie und Freunde nehmen, soweit sie können,  doch mehr Anteil, als es anfangs der Schein war. Was mich sehr erfreut! Danke!!!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen